Vor 90 Jahren – Machtübertragung an die NSDAP

30. Januar 2023

Pressemitteilung der VVN-BdA Wuppertal vom 30. Januar 2023

In Wuppertal wird der 90. Jahrestag der Machtübertragung an die NSDAP mit zahlreichen Veranstaltungen begangen.

Geschildert und damit gedacht werden der entsetzlichen Ereignisse in unserer Stadt unmittelbar nach dem 30. Januar, der Verfolgungen („Barmer Blutsonntag“) und Tötungen der politischen Gegner (Ermordung von Oswald Laufer), und schliesslich der systematischen Unterdrückung durch die Errichtung des Konzentrationslagers Kemna.

Und gedacht wird dem ersten antisemitischen Mord in Wuppertal an Alfred Meyer. Er wurde entführt und gefoltert. Seine Leiche wurde in der Bevertalsperre gefunden, eingenäht in einen Sack.

Die Verheerungen, die der Faschismus an der Macht in der jüdischen Community in Elberfeld unmittelbar nach dem 30. Januar anrichtete, wird in zwei Predigten vom April 1933 von Joseph Norden sichtbar, dem Rabbinerder Synagoge Elberfelds in der Genügsamkeitstraße.

Zu den ersten Bücherverbrennungen des faschistischen Deutschland zählen die gleichzeitigen in Elberfeld und Barmen am 1. April 1933. Alle Schüler:innen der höheren Schulen beider Stadtteile zogen, angeführt von ihren Lehrer:innen und mit selbstgebastelten Hetzplakaten ausgestattet, in Sternmärschen in die Ortszentren und verbrannten die in Bollerwagen mitgeführten Bücher.

Während in Elberfeld eine Gedenktafel an diesen frühen Schritt in Richtung des Mordes an den Jüd:innen erinnert, wird am Wuppertaler Rathaus in Barmen gerade die zivilgesellschaftliche Initiative für einen angemessenen Gedenkort ausgebremst und behindert. Obwohl das Konzept als auch die Finanzierung der Gedenktafel durch Private gesichert sind.

Doch nicht nur Pogrom und politischer Mord dürfen die Sicht auf den weltgeschichtlichen 30. Januar 1933 bestimmen. Nicht nur Wahlen und politische Auseinandersetzung haben den Faschismus an die Macht gebracht. Ohne die Unterstützung weiter Teile der einflussreichsten Männer der Wirtschaft hätte die NSDAP nicht zur schlagkräftigen Partei mit der Bürgerkriegsarmee SA werden können, und ohne die Entscheidungen dieser Männer wäre Hitler nicht die Regierung übertragen worden.

Diebstahl und Ausbeutung, Unterdrückung und Expansion, all dem sind im Faschismus keine Grenzen mehr gesetzt. Immer weiter radikalisieren sich das politische und das ökonomische Handeln, zunächst durch die Aufrüstung und Militarisierung der Gesellschaft, dann mit dem Angriff auf Polen, dem Beginn des Zweiten Weltkrieges.

Europas grösstes Chemieunternehmen, die IG Farben, hat sowohl die Aufrüstung vorangetrieben, als auch in den besetzten Ländern geraubt. Und dann errichtet die IG Farben in Auschwitz- Monowitz ein eigenes Konzentrationslager, zur chemischen Produktion für den Krieg, die Arbeitssklaven werden gemietet von der SS. Diese vielen Menschen werden vernichtet durch Arbeit.

Die IG Farben war das Lebenswerk von Carl Duisberg, geboren in Barmen und als Chemiker seit Beginn des Jahrhunderts erster Mann bei Bayer in Elberfeld. Schon im Ersten Weltkrieg hat er die Giftgaserforschung und – produktion vorangetrieben, den Menschenraub durch Zwangsarbeit etabliert und den unbeschränkten U-Boot-Krieg gefordert. Als Mitglied der rechten Deutschen Vaterlandspartei stellte er die radikale Position in der Kriegszieldebatte und war eng mit Ludendorff verbandelt.

Nach 20 Jahren konnte er schliesslich seine Pläne für einen Zusammenschluss aller grossen deutschen Chemieunternehmen 1925 umsetzen, und Europas aggessiven Chemiegiganten IG Farben schaffen.

Und so liegen die Wurzeln von Monowitz bei uns in Wuppertal – deshalb fordert die VVN-BdA Wuppertal heute, am 30. Januar 2023, die städtischen Institutionen, die Parteien, die Organisationen, die Initiativen und Vereine auf, die Ausstellung des Fritz-Bauer-Instituts Frankfurt über Monowitz nach Elberfeld zu holen.

https://www.fritz-bauer-institut.de/ausstellungen/die-ig-farben-und-das-konzentrationslager-buna-monowitz