Mumia hat Covid-19
5. März 2021
USA: Anwälte des politischen Gefangenen bestätigen Erkrankung. Solibewegung mobilisiert für Freilassung
Von Jürgen Heiser in junge Welt vom 5.März 2021
Im Bangen um die gesundheitliche Situation des US-Bürgerrechtlers Mumia Abu-Jamal hat eine Kundgebung der Solidaritätsbewegung für den politischen Gefangenen in Philadelphia am Mittwoch mittag (Ortszeit) traurige Gewissheit gebracht. Gegen Ende der vor dem Amtssitz des Bezirksstaatsanwalts Lawrence Krasner abgehaltenen Infoveranstaltung traf bei Johanna Fernández von der Kampagne »Bring Mumia Home« telefonisch die Nachricht ein, Abu-Jamal sei »positiv auf Covid-19 getestet worden«.
Gegenüber jW bestätigte Rechtsanwalt Robert Boyle telefonisch, die Information über das positive Testergebnis an Fernández weitergegeben zu haben. Gefragt nach einer weitergehenden Stellungnahme zur medizinischen Situation Abu-Jamals verwies Boyle darauf, sie werde »von einem der Komitees herausgegeben«. Bis jW-Redaktionsschluss am Donnerstag hatte diese Mitteilung der US-Solidaritätskomitees noch nicht vorgelegen.
Der New Yorker Anwalt Boyle und sein Kollege Bret Grote vom »Abolitionist Law Center« in Pittsburgh, Pennsylvania, hatten als Abu-Jamals Haftanwälte im März 2017 nach zähen juristischen Verhandlungen und internationaler Unterstützung die Anordnung eines US-Bundesgerichts durchgesetzt, dass die jahrelang von den Gefängnisbehörden ignorierte Hepatitis-C-Infektion ihres Mandanten endlich angemessen behandelt wird. Seine Leber war jedoch infolge der langen Verzögerung schon dauerhaft geschädigt.
Nach der jüngst eingetroffenen detaillierteren Schilderung der medizinischen Situation Abu-Jamals durch Noelle Hanrahan vom Projekt Prison Radio war er bereits am vergangenen Sonnabend in ein örtliches Krankenhaus eingeliefert worden. Das Personal der Krankenstation des Staatsgefängnisses SCI Mahanoy hatte die Verlegung wegen seiner Brustschmerzen und Kurzatmigkeit veranlasst. Die Klinikärzte diagnostizierten eine »kongestive Herzinsuffizienz«, so Hanrahan, also eine Herzschwächung, die durch eine Virusinfektion hervorgerufen worden sein könnte und dringender Diagnose und Behandlung bedarf.
Nachdem Abu-Jamals Unterstützer die Behörden seit Sonnabend mittels einer Telefonaktion unter Zugzwang gesetzt hatten, waren vom medizinischen Knastpersonal laut Hanrahan »drei negative oder falsch negative Covid 19-Tests und ein negativer Antigentest« erfolgt, die zu den kurzzeitigen Entwarnungen geführt hatten. Erst bei einer »im Krankenhaus durchgeführten serologischen Blutanalyse« sei Abu-Jamal »positiv auf Covid-19 getestet« worden, wie von Anwalt Boyle gemeldet.
Es sei »unklar, wie lange Mumia im Krankenhaus lag, aber am Mittwoch befand er sich in Isolation auf der Krankenstation des Gefängnisses«. Von dort habe er »seine Dankbarkeit für die weltweite Unterstützung und die Aufmerksamkeit für ihn und andere ältere Gefangene, deren Leben im Gefängnis bedroht« sei, übermittelt, so Prison Radio.
»Die Haftbedingungen in den US-Gefängnissen sind unmenschlich, wie bereits der UN-Menschenrechtsrat und die Richterin im Auslieferungsprozess gegen Julian Assange festgestellt« habe, erklärte dazu Zaklin Nastic, die menschenrechtspolitische Sprecherin der Fraktion Die Linke im Bundestag. Der »seit fast 40 Jahren unschuldig inhaftierte Mumia Abu-Jamal« müsse »mit sofortiger Wirkung freigelassen werden«, forderte Nastic in einer Pressemitteilung und prangerte die »Verschleierungsversuche der Gefängnisbehörden« an.
Hanrahan von Prison Radio forderte die Solidaritätsbewegung zum Handeln auf: »Wir, das Volk, müssen unsere Ängste beiseiteschieben. Es ist nicht die Zeit zu zögern, und wir dürfen nicht in Verzweiflung verfallen«. Die angesichts Tausender an Covid-19 Verstorbenen im US-Gefängnissystem lauter werdende Forderung nach Entlassung kranker Gefangener wie Abu-Jamal und aller über 50jährigen sei »kein Traum, sondern eine Notwendigkeit«. Um das Ziel zu erreichen, mobilisiert die Kampagne »Bring Mumia Home« für diesen Sonnabend zu einem »Global Virtual Street Meeting« von 20 bis 22 Uhr hiesiger Zeit. Motto: »Noch nie war die Freiheit so nah.«
kurzelinks.de/mumiastreetmeeting
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