Sidney Keyes (1922-1943): Neutralität
3. April 2021
Hier nicht die Fahnen, nicht der rhythmische Schritt
heimkehrender Legionen, auch nicht am Hausaltar
die kleinen Tränenopfer, die jahrelang sorglich bewahrte
Feldpost, die in Messing gravierten Namen,
hier nicht die gesenkten Stimmen,
auch nicht die Trommel.
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Nur zur Abendbrotzeit der schräge Regen
in unsern Obstgärten, der seine zwar chiffrierte
aber friedliche Botschaft auf unsere Gehsteige schreibt.
Nur die geheimnisvolle Turmschwalbe mißt
unseren Himmel in geregelten Kreisen.
Hier nur das Wachsen.
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Und in der Nacht die heimlichen Stimmen
des Sommers, und die Reihenfolge der Stunden
ohne Spannung und ohne Überraschung.
Nur der Mond hat ein Auge auf uns, und selbst die jagende Eule
sieht uns vielleicht ohne Groll zu,
ohne Neid.
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Wir sind nicht Feiglinge. Wir sind Bilder
von einfachen Menschen, wie ihr einst wart.
Begegnet uns nicht mit Tadel noch Mitleid; wir sind die Menschen,
die lachen in Träumen, bevor noch der tobende Eber
kommt, der Geliebte tot ist. Wir
sind eure Hoffnung.
In: Gedichte gegen den Krieg, herausgegeben von Kurt Fassmann, 1961, München, Seite 299;
Übersetzung: Erich Fried