Aus dem Archiv: Rede zum 8.Mai 2015, Friedhof Norrenberg

12. Januar 2021

Von Sebastian Schröder, VVN-BdA Wuppertal

Sehr geehrte Damen und Herren

Wir gedenken heute -an den Gräbern der Kriegsgefangenen, der polnischen und sowjetischen Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter- am 8. Mai 2015 der Befreiung vom Faschismus.

Es ist 70 Jahre her, dass die Diktatur des deutschen Faschismus endlich gestürzt werden konnte.

Aber auch heute bedrohen faschistische Gefahren unsere Demokratie und den Frieden.

Am 11. April haben drei Faschisten einen Wuppertaler Antifaschisten in unmittelbarer Nähe des Autonomen Zentrums angegriffen und versucht ihn zu erstechen. Bis heute liegt das Opfer im künstlichen Koma.

Anstatt umfassende Ermittlungen zur Aufklärung zu leisten und alle drei Täter festnehmen zu lassen, verwickelt sich die Wuppertaler Polizei in Widersprüche und suggeriert eine Teilschuld der zu Hilfe eilenden Besucher des Autonomen Zentrums.

Dass dieser Mordversuch nicht zu einem Aufschrei in unserer Stadt geführt hat, dass nicht umfassend und eindeutig über dieses Verbrechen berichtet wird, dass dem offenen faschistischen Straßenterror nicht mit aller Macht entgegengetreten wird, ist niederschmetternd.

Neben diesem erschreckenden aktuellen Beispiel zeigt auch der Umgang der Wuppertaler Presse,der Öffentlichkeit mit der sogenannten Alternative für Deutschland wie es um den Faschismus in unserer Gesellschaft steht.

Die Partei AfD ist mit zwei Stadtverordneten im Rat der Stadt Wuppertal vertreten. Die AfD steht, ebenso wie die anderen Parteien der extremen Rechten für Rassismus, Sozialdarwinismus, Fremdenfeindlichkeit, nationalen Chauvinismus, Frauenfeindlichkeit und Hass auf Minderheiten. Die Nähe der AfD zu PEGIDA ist unübersehbar.

Umso erschreckender ist es, dass in der Wuppertaler Rundschau regelmäßig Anzeigen der AfD Wuppertal erscheinen können. Am vergangenen Mittwoch wurde dann in der Printausgabe noch ausführlich aus einer Pressemitteilung der AfD zitiert. Auf der Facebook-Seite der AfD wird begeistert auf einen ähnlichen Artikel auf der Internetseite der WR hingewiesen. Auch die Anzeige wird dort stolz präsentiert.

Wir fordern die Leitung der Wuppertaler Rundschau auf, die Verharmlosung und Etablierung der AfD zu beenden!

Spenden Sie die Umsätze aus den AfD-Anzeigen an Flüchtlingsinitiativen und Projekte der Völkerverständigung!

Der Frieden wird ebenso durch den herrschenden Militarismus bedroht.

Im Juni 1944 wurde in Manises, einem Ort in den französischen Ardennen, von der Wehrmacht ein Kriegsverbrechen entsetzlichen Ausmaßes verübt: einhundertundsechs Menschen -zumeist junge Leute und Jugendliche- wurden verdächtigt, der Resistance anzugehören und alle ermordet. Ein Teil dieser einhundertundsechs Getöteten wurde zuvor gefoltert.

Ein Hauptverantwortlicher für dieses Massaker war Major Karl Theodor Molinari. In Frankreich wurde Molinari als Kriegsverbrecher in Abwesenheit zum Tode verurteilt, in der Bundesrepublik machte er dagegen in der Bundeswehr und in der Politik Karriere.

Karl Theodor Molinari ist seit 1989 der Namensgeber der Stiftung des Bundeswehrverbandes. Diese Ehre wurde ihm noch zu Lebzeiten zuteil, er verstarb 1993.

Französische Antifaschisten fordern, endlich die Bundeswehrstiftung aufzulösen. In der französischen Öffentlichkeit wird es klar ausgesprochen: „Der Name beleidigt die Toten“.

An den Händen von Molinari klebt das Blut von einhundertundsechs jungen Menschen.

Wie kann es sein, dass diese Bildungseinrichtung auch 2015 noch den Namen eines faschistischen Kriegsverbrechers trägt?

Aber nicht nur der Name des Wehrmachtsmörders Molinari weist auf ungebrochene reaktionäre Traditionen in der Bundeswehr hin.

Die Karl-Theodor-Molinari-Stiftung hat die Herausgabe eines Buches mit dem Titel „Soldatentum“ ermöglicht, das im Jahr 2013 erschienen ist. Die Herausgeber des Sammelbandes sind die jungen Bundeswehroffiziere Martin Böcker, Larsen Kempf und Felix Springer.

Während ihres gemeinsamen Studiums an der Universität der Bundeswehr in München zwei Jahre zuvor traten alle drei in die Redaktion des Studierendenmagazins campus ein; Martin Böcker wurde Chefredakteur. Es wird dann bekannt, dass Böcker und Springer in der rechten Wochenzeitschrift Junge Freiheit und im rechten Magazin Sezession publizieren und Kontakte zum rechten think tank Institut für Staatspolitik haben. Böcker schreibt er werde die Pressefreiheit -Zitat – „schamlos ausnutzen“.

Und gerade diese drei bekennenden Vertreter der sogenannten Neuen Rechten werden durch die KTMS und der Deutsche Bundeswehrverband massiv gefördert.

An diesem 8. Mai 2015 fordern wir zusammen mit unseren französischen Freunden die Auflösung der Karl-Theodor-Molinari-Stiftung des deutschen Bundeswehrverbandes!

Der 8. Mai mahnt uns wachsam zu bleiben gegen alle Formen des Faschismus.